„Ein Zeichen setzen für Toleranz“
Der Kirchenkreis Twiste-Eisenberg berichtet über die Mahnwache für die Opfer in Hanau
Korbach. Zwei Tage nach dem mutmaßlich rechtsextremen Terrorakt in Hanau mit insgesamt elf Toten sind am Freitagabend rund 250 Menschen zu einer Mahnwache vor der Korbacher Kilianskirche zusammengekommen. Sie gedachten der Opfer und sprachen sich deutlich gegen Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit aus.
„Wir möchten unser Mitgefühl mit den Opfern des Hasses zeigen und gemeinsam ein Zeichen setzen für ein tolerantes Miteinander in unserer Stadt und unserem Land“, hatte am Freitagmittag Dekanin Eva Brinke-Kriebel erklärt, nachdem Ursula Müller vom „Netzwerk Toleranz“ die Mahnwache angeregt hatte. Zahlreiche Menschen folgten dem Aufruf, der sich rasch auf verschiedenen Wegen in der Stadt verbreitet hatte. Einige der Teilnehmer hatten spontan Plakate gestaltet, auf denen sie sich gegen Fremdenfeindlichkeit aussprachen, andere brachten in Gedenken an die Opfer von Hanau Kerzen oder Blumen mit. Mehrere Redner machten deutlich, dass unsere Gesellschaft den Rechtsextremismus nicht dulden dürfe.
Anette Pries vom Bürgerbündnis für ein weltoffenes und tolerantes Korbach erinnerte an den Hessentag in Korbach, bei dem vor der Kilianskirche das „Café International“ gab, bei „dem wir mit Menschen aus vielen Nationen unser Zusammenleben gefeiert haben.“ Nun stehe man erneut hier – „traurig, erschüttert, entsetzt und zornig nach dem Attentat von Hanau, verübt aus Hass auf das Fremde, aus Rassismus, aus Verachtung für Menschen mit ausländischen Wurzeln.“ Pries machte deutlich, dass die Toten von Hanau nicht Opfer eines Irren geworden seien, sondern Opfer einer rechtsterroristischen Ideologie. „Sie wurden nicht Opfer eines verrückten Einzeltäters, sie wurden Opfer derjenigen, die die Atmosphäre schaffen, in der sich Mörder getragen und gerechtfertigt fühlen“, sagte Anette Pries. Man sei nun zusammen gekommen, um diesem zerstörerischen Hass entgegenzutreten.
Bürgermeister Klaus Friedrich rief auf gegen Fremdenfeindlichkeit und Rassismus, gegen rechte Gewalt und Hass, gegen „die Kräfte, die unser demokratisches Grundwesen spalten wollen.“ Der Rathauschef betonte, dass rechtsradikale Verschwörungstheoretiker das Klima in der Gesellschaft vergiften würden. „Ein Zusammenhang zwischen rechten Hasspredigern und rechten Gewalttaten ist unbestritten“, verdeutlichte der Bürgermeister.
Sensibel sein für kleine Anfänge von Hass und Gewalt
Man sei „erschüttert, traurig, fassungslos“, sagte Dekanin Eva Brinke-Kriebel. Es sei wichtig, als christliche Kirchen Mitgefühl und Solidarität deutlich zu machen. „Wir trauern mit den Familien und Freunden der Opfer und schließen sie und die Opfer in unsere Gebete mit ein.“ Die Dekanin sagte, die rassistisch motivierte Gewalttat von Hanau erinnere auch an den Mord an Regierungspräsident Dr. Walter Lübcke oder den Anschlag auf die Synagoge in Halle. Brinke-Kriebel appellierte an die Menschen, sich noch deutlicher einzusetzen für ein friedliches und tolerantes Miteinander und noch sensibler zu werden für die kleinen Anfänge von Hass und Gewalt „auch hier bei uns.“ Sie zeigte sich dankbar für den guten Kontakt auch zwischen den unterschiedlichen Religionsgemeinschaften und verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen. Die Sehnsucht nach Frieden verbinde die Menschen – ebenso die Absage an jede Form von Gewalt und Rassismus.
Muhammed Balkan von der Türkisch-Islamischen Gemeinde in Korbach sagte, die Mahnwache gegen Rassismus sei ermutigend. „Wir alle wollen hier ein Zeichen setzen für Toleranz, Mitmenschlichkeit und für Respekt.“ Niemand dürfe wegen Herkunft, Geschlecht, sexueller Orientierung, Religion oder Hautfarbe diskriminiert werden, betonte Balkan. „Wir als die Türkisch-Islamische Gemeinde in Korbach rufen auf zum friedlichen Miteinander in unserer Gesellschaft.“ Als Mitglied des neu gegründeten Arbeitskreises „Region gegen Rassismus“ sagte Karl-Heinz Stadtler, immer wieder sei ein gewisser „Alltagsrassismus“ zu spüren. Jedwede Äußerung von Rassismus dürfe man aber nicht unwidersprochen lassen. Applaus löste Stadtlers deutliche Feststellung aus: „Mit Rassismus will niemand etwas zu tun haben.“
Nach einem schweigenden Gebet gingen die Teilnehmer der Mahnwache auseinander, einige stellten Kerzen zum Gedenken an die Opfer vor dem Portal der Kilianskirche auf.